Tagebücher sind autobiographische
Selbstzeugnisse.
Diese Selbstzeugnisse vor
dem Vergessen zu bewahren, hat sich das Deutsche Tagebucharchiv in Emmendingen
zur Aufgabe gemacht; es ist das einzige dieser Art in Deutschland. Obwohl erst
vor zwei Jahren gegründet, gehören schon über 300 Tagebücher
und Briefe zum Bestand. Themen wie Krieg, Liebe, Einsamkeit, Abenteuer sind
hier in Notizheften, Alben oder auf Zetteln festgehalten.
Deutsches Tagebucharchiv
Am Marktplatz 112, 79312 Emmendingen
Tel. 07641 / 574659
Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag 9:00 bis 12:00 Uhr
Mittwoch 9:00 - 12 Uhr und 15:00 bis 18:00 Uhr
Eintritt frei; Führungen
nach Voranmeldung, DM 8,-- pro Person
Dort, in dem kleinen Städtchen
Pieve St.Stefano bei Arezzo, Toskana, gibt es ein solches Archiv seit 15 Jahren.
Über 3500 Texte lagern hier, alljährlich werden die interessantesten
Einsendungen prämiert und veröffentlicht. Nach dem italienischen Vorbild
sind inzwischen auch in Frankreich und Spanien Tagebucharchive entstanden, ihr
aller gemeinsames Ziel ist eine europaweite Zusammenarbeit und Koordination
auch im Austausch der Daten.
Seit dem Jahr 1984 hängt
an allen vier Zufahrtsstraßen von Pieve Santo Stefano, einem toskanischen
Städtchen an der Grenze zu Umbrien und der Emilia Romagna, ein großes
gelbes Schild gleich unterhalb vom offiziellen Ortseingangsschild: Città
del diario (Stadt des Tagebuchs) Und in der Tat beherbergt die Ortschaft
in seinem Rathaus ein öffentliches Archiv, das autobiografische Schriften
von ganz normalen Menschen sammelt, in denen sich das alltägliche
Leben und zugleich die Geschichte Italiens in verschiedensten Formen spiegeln.
Es sind Tagebücher, Briefwechsel, persönliche Lebenserinnerungen.
Das kleine Städtchen im toskanisch-emilianischen Apennin ist im Zweiten
Weltkrieg fast völlig zerstört worden: Unter den wenigen Gebäuden,
die verschont geblieben waren, war das mit Familienwappen verzierte alte Rathaus,
das mit seiner L-förmigen Struktur an ein aufgeschlagenes Buch erinnert.
Vierzig Jahre nach Kriegsende ist hier, in einem Flügel des Rathauses,
ein Haus der Erinnerungen geboren worden: eine öffentliche Institution,
die individuelle Lebenserinnerungen sammelt und aufbewahrt. Die Initiative hat
das Interesse auch ausländischer Forscher auf sich gezogen. Das Archiv
will nicht nur, wie ein Museum, die persönlichen Texte aufbewahren sondern
ihren inneren Reichtum auf verschiedenste Weisen fruchtbar machen. Nachdem das
Archiv zunächst rhetorisch als Bank der Erinnerungen bezeichnet
wurde, haben wir es umbenannt in Treibhaus, weil in ihm die Texte
zu neuem Leben erwachen und neues Interesse an autobiografischen Texten geweckt
wird.
Am Anfang dachten wir, dass Zusendungen durch die Ausschreibung eines Preises
zahlreicher kämen. Wir haben Kleinanzeigen gesetzt in einigen Zeitungen,
eine Wochenzeitschrift hat ein Interview mit dem Direktor gebracht und innerhalb
weniger Wochen hatten wir die ersten hundert Texte und Briefsammlungen beisammen.
_______________
* Saverio Tutino: Journalist und Schriftsteller, ist der Initiator und Gründer
des Tagebucharchivs in Pieve Santo Stefano und der Freien Universität der
Autobiographie in Anghiari. Er ist außerdem Vorsitzender der Jury des
Preises Premio Pieve Banca Toscana, kultureller Leiter der
Stiftung und Herausgeber der Zeitschrift Primapersona.
Fortsetzung
folgt...